Eine nicht paritätische Doppelresidenz oder ein asymmetrisches Wechselmodell sind erweiterter Umgang

Von vielen Diskursteilnehmern wird die Doppelresidenz nur dann als solche anerkannt, wenn sie eine 50:50 oder paritätische Aufteilung der Betreuungszeit beinhaltet. Diese Verengung bringt zum Ausdruck, dass der Diskursteilnehmer/die Diskursteilnehmerin in der juristischen Definition des Wechselmodells gefangen ist, die eine paritätische oder annähernd paritätische Aufteilung voraussetzt. Die maßgebliche sozialwissenschaftliche Definition der Doppelresidenz geht von substantieller Betreuungszeit in Alltag und Freizeit und einer nicht hierarchischen Elternbeziehung aus. 

Selbstredend ist eine nicht hälftige sog. asymmetrische Doppelresidenz nie erweiterter Umgang. Eine Doppelresidenz setzt zwei vollwertige zu Hause voraus, im Besten Fall eine gegenseitige Anerkennung aber zum Mindesten ein Selbstverständnis beider Eltern vollwertiger und voll verantwortlicher Elternteil zu sein. Die Doppelresidenz setzt ferner regelmäßige gemeinsame Zeit beider Eltern mit ihren Kindern in Freizeit und Alltag inklusive Übernachtungen an Wochenenden und Wochentagen voraus und damit einen Mindestanteil jedes Elternteils an der Betreuung von ca. 30 Prozent.

Erweiterter Umgang hingegen bewegt sich im Paradigma eines Erziehungs- und eines Besuchselternteils. Das Kind hat lediglich ein vollwertiges zu Hause. Der Staat oder der hauptbetreuende Elternteil gewährt dem anderen Elternteil Umgang in reduzierter oder erweiterter Form. Da jedoch eine enge und alle Lebensbereiche umfassende Bindung eines Kindes zu beiden Eltern sowie eine vollwertige Verantwortungsübernahme beider Eltern nicht unter dem Vorbehalt einer Gewährung durch einen Elternteil oder den Staat stehen kann, sondern unveräußerliches Recht eines jeden Kindes ist, kann ein erweiterter Umgang eo ipso niemals gleichwertig zu einer Doppelresidenz oder gemeinsamer Elternschaft sein. 

 

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